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Ein Weihnachtsbaum fürs Regierungspräsidium
- 2. Dezember 2024
- Gepostet von: Katrin Ebinger-Möll
- Kategorie: Archiv Bildende Kunst Nachhaltigkeit und Biosphäre Neuigkeiten
🎄❤️ Als Anfang Oktober gerade die letzten Tomaten aus dem Schulgarten geerntet waren, kam der Anruf vom Regierungspräsidium Tübingen. Jedes Jahr dürfe eine Schule vor Ort im Regierungspräsidium den Weihnachtsbaum dekorieren, in diesem Jahr sei das Gymi Münsingen im Gespräch. Die Schule würde den Zuschlag erhalten, falls die Aufgabe dort Gefallen finden würde.
Eine willkommene Herausforderung für Lehrerin Nadine Goudas, die den Kunstbereich am Gymnasium Münsingen seit einem Jahr mit großem Engagement leitet. „Ein Weihnachtsbaum ist ein starkes Symbol, ein Spannungsfeld von kultureller Identität und Individualität“, so Goudas. Der Weihnachtsbaum erinnere an die Geburt Christi, an die frohe Botschaft, die für alle Christen seit jeher gültig war und immer gültig sein werde. Aber in der Menschheitsgeschichte hätte es eben noch nie exakt zweimal denselben Baum gegeben, denn beim Schmücken werde ein jeder zum Künstler. Jeder setze seine eigenen Akzente, mal ganz klassisch mit alten Holzanhängern, mit selbstgebasteltem Schmuck, mit Krippe darunter, mal protzig mit Lametta, mit Kugeln, mit echten Kerzen oder mit LED. Der Baum sende zwar die immer gleiche Botschaft, zugleich sei er aber auch ein ganz besonderes Kunstwerk, fast wie eine Art Spiegelbild seines Inhabers. Für Nadine Goudas sei es daher höchst spannend, wie der Gymi-Weihnachtsbaum, der Baum ihrer Schüler, aussehen werde.
An der zertifizierten Biosphärenschule nimmt das Thema „Nachhaltigkeit“ einen hohen Stellenwert ein. Nachdem Frau Goudas die Aufgabe ihrem Kunst-Kurs eröffnet hatte, war man sich schnell darüber einig, dass es keinen herkömmlichen Weihnachtsbaum geben werde. Gesucht wurden Alternativen zur klassischen Nordmanntanne, da möglichst keine Ressourcen für das Projekt verschwendet werden sollten. Es wurde viel recherchiert und gegoogelt, verschiedene Ideen wurden heiß diskutiert. Ein regionaler Baum, ein Baum aus Holzabfällen oder aus alter Pappe? Am Ende machte eine einfache Bockleiter das Rennen. Denn diese habe schließlich jeder Älbler zuhause, so der Kommentar eines Schülers.
Die alte Bockleiter wurde im Kunstunterricht liebevoll dekoriert. Eine Girlande aus Klorollen, darunter Geschenke, eingepackt in alten Stoffen, gefaltete Sterne aus gebrauchtem Notenpapier und Kugeln aus defekten Glühbirnen. Die Kosten beschränkten sich lediglich auf die LED-Kette, die um die Leiter gelegt wurde und je nach Bedarf bzw. auch nur bei Stromüberschuss eingeschaltet werden kann. Am Ende blickten die Schüler zufrieden auf ihr Werk. „Dieser Weihnachtsbaum passt einfach richtig gut zu einer Biosphärenschule“, freut sich eine Schülerin aus dem Kunst-Kurs.
Mit dabei waren beim Weihnachtsbaum-Projekt übrigens nicht nur Künstler. Auch Georg Schwenk von der Schülerfirma „Albholz“ war beteiligt und konstruierte die Halterung für den Stern an der Spitze der Leiter. Auf Nachfrage, warum ihm gerade dieser ungewöhnliche Baum gefalle, bringt er es auf den Punkt: „Mir send Schaffer, deshalb die Loider. Ond weniger isch mehr.“
Am vergangenen Freitag trat der nachhaltige Biosphären-Baum seine Reise von der Alb nach Tübingen an. Im Foyer des Regierungspräsidiums erstrahlt er nun in voller Pracht. Selbstverständlich ist der Baum nur eine Leihgabe, da die Bockleiter zum Gymi-Inventar gehört und spätestens zum Frühjahrsputz dort wieder im Einsatz sein wird. Ein letzter Wunsch der Kunstlehrerin: Möge der Baum inspirieren und vielfach kopiert werden. Nachahmung ist ausdrücklich erwünscht, denn exakt die gleiche Leiter werde es ohnehin nicht geben.